Samstag, 30. Dezember 2017

Stimmt der Eindruck, dass es mit der Supermacht bergab geht?

Thema: USA

Blick auf die USA
Verliert Amerika seine militärische Übermacht?

von Martin Suter
Militärisch, wirtschaftlich und kulturell scheint es mit der Supermacht USA bergab zu gehen. Stimmt dieser Eindruck? Eine Antwort in zwei Teilen.

In unregelmässigen Abständen bricht unter Amerikas Vordenkern Unruhe aus. Immer wieder ertönt die Wehklage, die Vereinigten Staaten von Amerika seien daran, ihre Vormachtstellung in der Welt zu verlieren.

Nach bald einem Jahr unter Präsident Donald Trump erschallt der Jammerchor besonders laut. Tatsächlich weisen einige Trends darauf hin, dass die relative Position Amerikas schwächer wird. Das lässt sich in sieben Punkten darstellen. Die ersten drei betreffen Militär und Aussenpolitik:

1. US-Militär wird zunehmend unerschwinglich

Präsident Trump ist angetreten, die US-Streitkräfte zu stärken, denn der teure Irak-Krieg unter George W. Bush und Sparmassnahmen unter Barack Obama haben die Schlagkraft des Militärs herabgesetzt. Die USA geben zwar immer noch rund 600 Milliarden Dollar jährlich für ihre Streitkräfte aus. Doch die US Navy hat so wenige Schiffe wie seit langem nicht mehr, und die Flugzeuge der US Air Force sind betagt und nur beschränkt einsatzfähig.

Trump möchte sowohl Amerikas Nuklearwaffen erneuern wie die Zahl der Kriegsschiffe von gegenwärtig 308 auf 350 erhöhen. Doch mit den in seinem Budget vorgesehenen Zusatzausgaben von 3 Prozent lässt sich das nicht finanzieren. Und künftig werden fest einprogrammierte Sozialausgaben den Spielraum für Investitionen ins Militär weiter begrenzen. Unter dem Strich wird die Supermacht ihre Vormachtstellung in der Welt graduell verlieren.

2. China etabliert seine Macht, regional und global

Am meisten zu fürchten haben sich die USA vor China. Seit den Nullerjahren arbeitet diese aufsteigende Weltmacht energisch daran, die Meere in ihrer weiteren Umgebung militärisch zu kontrollieren. Im Südchinesischen Meer baut die kommunistische Regierung künstliche Inseln und bestückt sie mit Landebahnen und Artilleriestellungen. Chinas technisch hochstehende Lenkwaffen sind dazu gedacht, US-Flugzeugträger ausser Gefecht zu setzen. Beobachter vermuten, dass China die amerikanische Vorherrschaft über die Weltmeere bald im weiteren Pazifik und im Indischen Ozean herausfordern wird.

Auch wirtschaftlich verfolgt China eine Machtstrategie: Das bevölkerungsreichste Land der Erde wird in wenigen Jahren über die grösste Volkswirtschaft verfügen, baut mit der «neuen Seidenstrasse» Handelsrouten über den eurasischen Kontinent und sichert seinen Rohstoffbedarf mit Milliardeninvestitionen in Afrika. All dies untergräbt die maritim orientierte Weltmacht USA.

3. Im Nahen Osten übernehmen andere die Regie

Nach dem von Bush angezettelten Irak-Krieg und dem Rückzug unter Obama haben sich der Iran und Russland als wichtigste Akteure im Nahen Osten etabliert. Trump versucht, über einen Schulterschluss mit Saudiarabien und anderen sunnitischen Staaten die früher dominante Stellung der USA in der muslimischen Stammregion zu halten.

Die vom neuen saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im konservativen Königshaus angezettelte Palastrevolution beschert den US-Alliierten jedoch viel Unsicherheit. Im Vergleich beweist der Iran mit seinen Interessen in Syrien, Jemen und im Libanon strategische Entschlossenheit. Dass die Widersacher der USA in Teheran ihren territorialen Machtzuwachs rückgängig machen, ist nicht absehbar. Gleichzeitig strengt sich Russlands Präsident Wladimir Putin an, seine Rolle als neuer Machtmakler zu festigen. Im Nahen Osten, im Westpazifik und in anderen Regionen verlieren Trump und die USA das Zepter.

Mit freundlicher Genehmigung von 20min.ch

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