Mittwoch, 26. Oktober 2016

Demokratie in Europa - Oberste Verfassungsrichter in Sorge

Thema: Europa

Alarmiert über Polen und Ungarn
Oberste Verfassungsrichter in Sorge um Demokratie in Europa

Die Präsidenten der obersten Verfassungsgerichte in Deutschland und Frankreich warnen vor einem Verfall der Demokratie in Europa. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, und sein französischer Kollege Laurent Fabius äußerten sich in einem Doppelinterview mit der "Süddeutschen Zeitung" und "Le Monde".

Voßkuhle und Fabius zeigten sich vor allem alarmiert über die Entwicklung in Polen und Ungarn. "Natürlich sind wir besorgt über das, was dort passiert", sagte der frühere französische Premier- und Außenminister Fabius, der dem französischen Verfassungsrat (Conseil constitutionnel) vorsteht. "Wer die Befugnisse eines Verfassungsgerichts einschränkt, wie das in Polen der Fall ist, der greift den Kern des Rechtsstaats an."

Voßkuhle sieht die Europäische Union "in keinem guten Zustand". In dieser Lage müssten die Verfassungsgerichte helfen, die Rechtsgemeinschaft wieder zu stärken. Der Umgang der Regierung in Warschau mit dem polnischen Verfassungsgericht sei "ein Irrweg für Europa und damit auch für Polen", warnte Voßkuhle. Wo es keine wirksame Opposition, freie Wahlen und starke Presse gebe, könne Demokratie nicht gedeihen.

Polens Regierung knebelt das Verfassungsgericht

Das von der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) dominierte polnische Parlament hatte im Dezember eine Justizreform verabschiedet, die das Verfassungsgericht erheblich schwächt. Es muss unter anderem Klagen in der Reihenfolge ihres Eingangs abarbeiten und kann damit nicht mehr kurzfristig reagieren, um etwa möglicherweise verfassungswidrige Gesetze zu stoppen.

Die EU-Kommission leitet Mitte Januar gegen Polen erstmals überhaupt eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat ein. Brüssel wirft der Warschauer Regierung vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben.

Verfassungsrichter für harte Brexit-Linie

Voßkuhle und Fabius warnten zugleich vor einem nachsichtigen Umgang der EU mit Großbritannien bei den Verhandlungen über den Brexit. Das Land könne nicht gleichzeitig drinnen und draußen sein, sagte Fabius. Voßkuhle forderte, der Austritt müsse "für Großbritannien Konsequenzen haben". Wer die Privilegien der EU in Anspruch nehme, müsse auch deren Lasten mittragen.

Sorge bereitet den Verfassungsexperten auch die Beschränkung von Grundrechten im Kampf gegen den Terror. Voßkuhle sagte, Verfassungsgerichte seien nicht dazu da, den Sicherheitsbehörden eine Blankovollmacht zu geben. "In solchen Zeiten ist es gerade für Verfassungsgerichte sehr wichtig, unabhängig und furchtlos zu urteilen." Fabius warnte: "Wer die Freiheitsrechte im Namen angeblicher Effizienz knebelt, läuft Gefahr, das Spiel der Terroristen zu spielen."

Quelle: t-online.de

Kommentare

Ichnuwieder
Europa hat sich mit Einführung der EU von der Demokratie verabschiedet. Polen und Ungarn wollen die Demokratie für Ihre Völker noch retten. Soweit das noch möglich ist.

DerHeutige
Herr Voßkuhle, sie sind nicht unabhängig, nehmen sie mal ihre SPD Brille ab. Wieso darf sich in Deutschland eine Kanzlerin ohne Parlament über Recht und Gesetz hinwegsetzen. Wieso schweigt hier das Verfassungsgericht?
Deutschland ist eine Bananenrepublik geworden.

sparfuchs
Die deutsche Demokratie ist Alternativlos. Zumindest die deutsche Bevölkerung lebt sie, die deutschen Politiker können nicht so recht mit ihr umgehen. Herr Voßkuhle läßt sich von den Politikern vor den Karren spannen um das zu sagen, was die Eurokraten sich nicht erlauben können. Armer Voßkuhle.

Emromi
Der Verfassungsrichter spricht von anderen europäischen Ländern. Schon vergessen, was 2005 die Kanzlerin sagte?
Merkel: "Kein Rechtsanspruch auf Demokratie auf alle Ewigkeit"
Ein bedenklicher Satz der heutigen Bundeskanzlerin am 16.06.2005

ecj51
Sie sollten sich mal lieber um die Demokratie und die Rechtssprechung in ihren eigenen Ländern Gedanken machen und sich nicht in innere Angelegenheiten Anderer einmischen

adagep
Demokratie das ist, wenn eine Einheitspartei CDUSPDGRÜNELINKE (hiess früher SED) mit Fraktionszwang unter Merkel (war in der FDJ) regiert. Die Abstimmungsergebnisse liegen ähnlich wie vor 1990 in der Regel bei 99%.

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