Freitag, 17. August 2012

Die wichtigste Zahl der Welt

überschreibt der Stern 33/2012 in seiner Print-Ausgabe einen Artikel

und bei tagesschau.de liest man:
Geldverleih zwischen Geldhäusern
"Zins-Manipulation ist kein Vergehen ohne Opfer"

 und weiter der Stern

Internationale Großbanken haben jahrelang den Zinssatz manipuliert, an dem sich fast alle Geldgeschäfte orientieren. Doch nun fliegt der FINANZSKANDAL auf. Staranwälte sind sicher: Endlich wird abgerechnet

Hier der Link
und dort auf Seite 58 blättern

Trick 1:
Das Kartell treibt den Libor-Zins nach oben
Die Banken können ihr Geld teurer verleihen – ihre Gewinne steigen.
Alle verlieren, die Geld leihen – zum Beispiel Hauskäufer, Firmen oder Kommunen

Trick 2:
Das Kartell drückt den Libor-Zins nach unten – vor allem in der Finanzkrise 2008
Die Banken müssen ihre Reserven aufstocken und wollen billiges Geld. Sie stellen sich solider dar, als sie sind. Alle, die kurzfristig Geld anlegen, verlieren. Und Kommunen, die ihre Kredite mit Zinsswaps abgesichert haben.

Libor, die „London Interbank Offered Rate“, gilt als wichtigster Zins der Welt. Dieser Referenzwert hat Auswirkungen auf Zinsen für Finanzgeschäfte in Höhe von rund 800 Billionen Dollar.
Alle großen Banken von Rang und Namen haben bei den betrügerischen Manipulationen mitgemacht und immer vorne mit dabei: die Deutsche Bank.

Jetzt hat sich ein amerikanischer Rechtsanwalt der Sache angenommen. Nicht irgendein Rechtsanwalt, nein, der Washingtoner Rechtsanwalt Michael D. Hausfeld. Er hat schon mit Sammelklagen gegen Großbanken Geschichte geschrieben, u.A. hat am 6. August 2011 im Namen der Stadtverwaltung Baltimore sowie „aller Anderen in ähnlicher Lage“ vor dem Bezirksgericht South Manhattan Sammelklage gegen 20 Großbanken eingereicht; zu den deutschen Beklagten gehörten die West LB und die Deutsche Bank.

Und jetzt sagt Hausfeld: „Es könnte Hundertausende potenzieller Kläger geben und der Schaden zwischen 10 und 35 Milliarden Dollar betragen.“
So könnte sich die „Libor-Lüge“ zum bislang größten Finanzskandal entwickeln, zu einem Super-GAU der Banken: Mindestens 20 Banken und zwei große Brokerfirmen stehen unter Verdacht. Es sind die ganz Großen darunter: die Bank of America, die Citigroup, JP Moargan Chase, die Schweizer UBS, die Deutsche Bank, die französische Crédit Agricole und auch die britische HSBC.
[…]
Es waren die fetten Jahre der Investmentbanken, in den USA blähte sich die Hypothekenblase, auch die Deutsche Bank stieg voll ein, machte Milliarden auch mit jenen hochriskanten Drecksgeschäften die schließlich die Welt in den Abgrund der Finanzkrise stießen. Anshu Jain meldete Gewinnrekorde. Die Bank sei ein „Hedgefonds mit angeschlossener Bank“, hieß es damals ebenso verächtlich wie bewundernd.
Es waren gute Zeiten für ziemlich skrupellose Geschäfte, Kunden wurden gern als „Deppen“ bezeichnet, denen man „Scheißprodukte“ verscherbeln konnte. Später musste sich die Deutsche Bank in den USA auf Gerichtsvergleiche in Millionenhöhe einigen.

Es ist ja nicht so, dass die Manipulationen nicht bekannt gewesen wären. 2008 untersuchte Rosa Abrantes-Metz den Libor, heute Ökonomin an der New York University und Expertin für Kartellbildung. Sie veröffentlichte ihre brisante Studie im August 2008 und es passierte – nichts.

Bereits im Mai 2008 schrieb der heutige US-Finanzminister Timothy Geithner, damals Chef der New Yorker Zentralbank, an seinen Kollegen in London und übermittelte ihm einige „Empfehlungen zur Stärkung der Glaubwürdigkeit des Libor“. Es passierte – nichts. Es fragte auch niemand.

Allerdings sind die US-Terminbörsenaufsicht CFTC und das Justizministerium aufmerksam geworden, später noch einige andere.
Die Schweizer UBS erwirkte bei einigen Behörden mittlerweile eine Kronzeugenregelung. Nun packen die Verdächtigen aus. Ein Ermittler: „Szenen wie aus einem Mafiafilm“.

Jetzt will also Rechtsanwalt Michael D. Hausfeld seine große Abrechnung mit der Wall Street. Er will alle die ganz großen Banker im Zeugenstand sehen, auch Anshu Jain!

Seine Chancen stehen nicht schlecht. Genug ist genug, sagt er.

Dieser Beitrag basiert auf dem Artikel im Stern.
Die kursiv gedruckten Absätze sind daraus wörtlich zitiert.


Ergänzung 07:30 Uhr
Klaus machte mich in einem Kommentar auf diesen Artikel aufmerksam:
Wie die US-Justiz mit der Finanzelite umgeht

Nach dem Lesen dieses Beitrags kann man ernsthaft an der geistigen Verfassung einiger Zeitgenossen aus Übersee verzweifeln. Nur ein kurzer Auszug:

"Dieses Vorgehen ist ein erneuter Beleg dafür, dass in der amerikanischen Justiz das aristokratische Prinzip herrscht. Banker können lügen, stehlen und die Öffentlichkeit ungehemmt betrügen. Sie dürfen weltweit Menschen ins Unglück stürzen und Gesellschaften ruinieren, ohne fürchten zu müssen, zur Verantwortung gezogen zu werden. Sie unterliegen nicht den Gesetzen, die für einfache Sterbliche gelten. Sie arbeiten ungestraft nach ihren eigenen Gesetzen.

Um diesen Status zu sichern, muss der Geldadel natürlich einen Teil seines Reichtums dafür aufwenden, Politiker, Parteien, Aufseher und Gerichte vom Präsidenten abwärts zu bestechen. Das muss kaum noch verschleiert werden, seit der Oberste Gerichtshof dieses Verhalten durch sein Urteil zur schrankenlosen Wahlkampffinanzierung durch Spenden aus der Wirtschaft im Wesentlichen gebilligt hat."

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